Die deutsche Abgeltungssteuer im europäischen Vergleich

Im europäischen Vergleich orientiert sich die seit dem 01.01.2009 geltende Abgeltungssteuer mit einem Steuersatz von 25% zweifelsohne an der Spitze. Lediglich Finnland mit 28% und Schweden mit 30% haben einen höheren Steuersatz. Hingegen haben Nachbarländer wie Luxemburg mit 10%, Tschechien mit 15%, Polen mit 19%, Belgien mit 15% auf Zinsen und 25% auf Dividenden deutlich geringere Sätze.

Abgeltungssteuer – Vergleich der neuen Abgeltungssteuer 2009 mit europäischen Staaten

Bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, dass nicht nur die Höhe des Steuersatzes entscheidend ist, viel mehr kommt es auch auf die Bemessungsgrundlage an. Zum Beispiel hat Österreich ebenfalls einen Steuersatz von 25%. Jedoch wird dieser nur auf Zins- und Dividendenerträge angewendet.

Die Regelung der einjährigen Haltefrist bei privaten Veräußerungsgeschäften, also auch bei Veräußerungen von Wertpapieren nach Ablauf eines Jahres, wie es sie in Deutschland bisher auch gab, gilt in Österreich neben der Abgeltungssteuer. D.h. Gewinne aus Aktienverkäufen nach einer Haltedauer von einem Jahr bleiben steuerfrei. In Deutschland hingegen entfällt diese Regelung zum 01.01.2009 mit Einführung der Abgeltungssteuer.

Außerdem ist anzumerken, dass mit der Abgeltungssteuer in Österreich auch die Erbschaftssteuer abgegolten ist. Wie es in Deutschland erbschaftssteuerlich, nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Regelungen, weitergeht, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Selbst in Ländern mit einem niedrigeren Steuersatz, als Beispiel Luxemburg mit 10%, gilt Steuerfreiheit bei Kursgewinnen nach Ablauf einer halbjährigen Haltedauer.

In anderen Europäischen Nachbarländern gilt hingegen teilweise ein reduzierter Abgeltungssteuersatz bei Kursgewinnen (z.B. Italien 12,5%), teilweise gelten auch Betragsgrenzen (z.B. in Frankreich, Steuerbefreiung bis 20.000 Euro oder Großbritannien bis 8.800 Pfund pro Kalenderjahr).

Depot im Ausland zur Umgehung der deutschen Abgeltungssteuer kaum attraktiv

Deutsche Anleger haben derzeit die Möglichkeit, Ihre Gelder im Ausland zu deponieren und anzulegen. Vor der Mitteilung dieser Gelder an den deutschen Fiskus bewahrt die Anleger derzeit teilweise noch das Bankengeheimnis, wie z.B. in Österreich, der Schweiz oder Luxemburg, da sich diese der Informationspflicht, die auf EU Ebene beschlossen wurde, entzogen haben. Ende 2008 – also nahezu zeitgleich der Einführung der Abgeltungssteuer in Deutschland – fällt auf Grund der Bilateralen Abkommen mit der EU jedoch zumindest im Hinblick auf Betrugsfälle, wie z.B. Umsatzsteuerbetrug auch deren Bankengeheimnis.

Länder, die dem Bankengeheimnis nicht mehr unterliegen, wie z.B. die Niederlande, sind dazu verpflichtet, dem deutschen Fiskus die erzielten Erträge mitzuteilen. Diese sind dann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu erklären bzw. zu überprüfen.

Länder, wie z.B. Österreich und die Schweiz, die das traditionelle Bankengeheimnis noch bewahren, behalten aus Erträgen in der Regel eine so genannte 15%-ige Quellensteuer ein. Werden die Einkünfte dann im Rahmen der deutschen Einkommensteuerveranlagung erklärt, so ist die einbehaltene Quellensteuer auf die deutsche Steuer anrechenbar. Die Länder haben sich jedoch darauf geeinigt, ab 2008 die Quellensteuer auf 20% zu erhöhen und ab dem Jahre 2010 sogar auf 35%. Deutschland erhält sodann von diesem Einbehalt 75%. Dadurch wird ein “Nichterklären” der Einkünfte in Deutschland praktisch unrentabel, da der Abgeltungssteuersatz ab dem 01.01.2009 noch 25% beträgt.

Anleger können sich dem Einbehalt der Quellensteuer entziehen, wenn sie die ausländische Bank dazu ermächtigen die erzielten Erträge der Deutschen Behörde mitzuteilen. Diese können sodann vollständig im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, besteuert mit dem Pauschalsteuersatz der Abgeltungssteuer von 25%, berücksichtigt werden.

Das Führen “schwarzer Konten” ist für den Anleger somit kaum mehr attraktiv – neben dem finanziellen Vergleich sollte man auch beachten, dass langjährige Gefängnisstrafen bei Steuerhinterziehung drohen. Im Verhältnis zu der ab dem Jahre 2010 einbehaltenen Quellensteuer wirkt die deutsche Abgeltungssteuer gar noch milde. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass diese auch auf Kursgewinnen erhoben wird.

Sehr wohlhabende Anleger können ggf. die deutsche Abgeltungssteuer durch einen in Luxemburg aufgelegten Private Label-Fonds umgehen. Allerdings ist diese Anlageform erst ab Anlagebeträgen von ca. 5 Mio. € wirtschaftlich.